Herzlich willkommen zum Semesterkonzert des Leipziger Universitätsorchesters im Sommersemester 2024!
Leipziger Universitätsorchester
Leitung: Daniel Seonggeun Kim
21.06.2024, 19:00 Uhr
Gewandhaus, Großer Saal
Konzerteinführung um 18:15 Uhr im Schumann-Eck
Programm
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)
Meeresstille und glückliche Fahrt op. 27
Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
Sinfonie Nr. 9 Es-Dur op. 70
I. Allegro
II. Moderato
III. Presto
IV. Largo
V. Allegretto
– Pause –
Jean Sibelius (1865–1957)
Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39
I. Andante ma non troppo / Allegro energico
II. Andante (ma non troppo lento)
III. Scherzo: Allegro
IV. Andante / Allegro molto
Werkeinführung
Meeresstille und glückliche Fahrt
„In Zukunft [wird] man der Dampfschiffe wegen, die Meeresstille nicht mehr verstehen“ bangt der Vater des Komponisten um das Werk seines Sohnes. Zum Teil hat er Recht: Das Konzept einer Meeresstille wird heute kaum jemand so wirklich nachvollziehen können, man ist vom Wind ja schließlich selten so wirklich abhängig.
Ganz anders war dies zu Mendelssohns Lebzeiten. Einige Jahre vor der Entstehung der Ouvertüre war kein Geringerer als Goethe auf einer Schiffsreise vor Italien in eine solche Meeresstille geraten und fasste die ängstliche Erwartung sowie die Euphorie über den zurückkehrenden Wind in zwei Gedichte, nämlich Meeresstille und Glückliche Fahrt. Wie ernst die Gefahr einer solchen Flaute war belegt exemplarisch der Vers „Todes - Stille fürchterlich“ aus dem ersten der beiden Gedichte.
Auf gleich zwei Idole beruft sich der neunzehnjährige Mendelssohn als er mit der Arbeit an dieser Konzertouvertüre beginnt. Der Text stammt wie bereits erwähnt vom Freund und Förderer Goethe, während der Gedanke gerade diesen zu vertonen von keinem Geringeren als Ludwig van Beethoven stammt, der eben jenen Text einige Jahre zuvor als zweisätzige Kantate vertonte. Mendelssohn, der auch ein überaus begabter Maler war, verzichtet auf den Text; stattdessen „malt“ er die Meeresstille und die darauf folgende Glückliche Fahrt musikalisch nach. Dieser frühe Vorstoß zur Programmmusik blieb nicht unbemerkt und ausgerechnet Richard Wagner (!) zitierte in seiner Ouvertüre zu Columbus großzügig daraus.
In warmem D-Dur präsentiert sich zu Beginn das Meer ruhig und glatt, die Sonne auf der Oberfläche glänzend. Keines der Instrumente scheint sich viel regen zu wollen, die Bässe spielen ein langsames punktiertes absteigendes Motiv, die Geigen erwidern es in der Umkehrung. Mit der Zeit kommt Unmut auf, Dissonanzen mischen sich in die Harmonien, doch halten auch diese sich nicht lang und es wird sich darauf geeinigt auszuharren und sich dem Schicksal hinzugegeben.
Ein Windhauch von der Flöte gibt Hoffnung – ein gleich darauf folgender die Gewissheit. Mit Windböen der Holzbläser blähen sich die Segel und das Schiff nimmt wieder Fahrt auf. Das punktierte Motiv, welches auf Grund des langsamen Tempos der Meeresstille kaum als solches wahrgenommen wird, bildet jetzt die rhythmische Grundlage für gleich zwei Themen. Das erste klangvoll schreitend, das zweite leichtfüßig verspielt.
Vielleicht dachte der junge Mendelssohn, der noch nie auf einem Schiff gestanden hatte, dass es doch weitaus gefährlicher wäre, wenn das Meer gerade das Gegenteil von still ist. So wird aus der glücklichen Fahrt in der Durchführung eine stürmische Fahrt: Erst drängen sich wellen-ähnliche Motive in das Klangbild, um dann die Stimmung von Dur nach Moll zu wenden.
Den Inhalt des Gedicht-Paars verstand er wohl erst ein Jahr später so wirklich, als er leibhaftig eine Meeresstille erlebte. Über seine erste Überfahrt nach England schreibt er Folgendes: „Dazu nimm, daß ich von Sonntag früh bis Montag Abend mich von Ohnmacht zu Ohnmacht schleppte, vor Ekel an mir selbst und an allen übrigen, auf Dampfschiff, England und namentlich auf meine Meeresstille fluchend.“ Zwar war auch hier nicht die Flaute das Problem – es war ja schließlich ein Dampfschiff – sondern dichter Nebel vor England, der die Weiterfahrt verhinderte. Doch war die Konsequenz, die Meeresstille, die gleiche.
Nach überwundenem Sturm und Reprise der glücklichen Fahrt in altbekanntem D-Dur wird mit der Coda der Ouvertüre die Ankunft gefeiert. Eigens zu diesem Anlass gesellt sich eine dritte Trompete dazu, die in der restlichen Ouvertüre geduldig gewartet hat, als hätte sie am Ufer gestanden und würde die Reisenden begrüßen wollen.
Neben dem Bezug zu Mendelssohns Reisen spielte die Ouvertüre auch sonst eine wichtige Rolle für das Leben ihres Urhebers. Das Orchesterwerk erwies sich als äußerst erfolgreich, erst später wurde sie in der Popularität von der Hebridenouvertüre abgelöst. Auch dem Komponisten selbst schien sie viel zu bedeuten, er dirigierte sie im letzten Konzert als Kapellmeister in Düsseldorf und als erstes als Gewandhauskapellmeister in Leipzig, ein passendes Werk also für ein Amtsantrittskonzert.
Jonathan Jopp
Sinfonie Nr. 9 Es-Dur
Nach Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie mit Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ (UA 1824) schien der europäische Kosmos und vor allem die europäische Musik eine andere zu sein: Nach der Emanzipation des Dritten Standes in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, mit ihren Revolutionen in Amerika und Frankreich, war die bürgerliche Ära angebrochen. Die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit fanden ihren Ausdruck und auch ihr musikalisches Fundament 35 Jahre nach der Französischen Revolution in der revolutionären 9. Beethovens. Er setzte dem bürgerlichen Glücksversprechen ein Denkmal, das zunächst als Hymnus einer befreiten Menschheit verstanden werden konnte. Durch die ökonomischen und politischen Entwicklungen des „langen 19. Jahrhunderts“ – Industrialisierung, Nationalbewegungen, Revolutionen und Durchsetzung eines globalen Marktes – stießen die Beethoven’schen und damit die bürgerlichen Ideale immer mehr an ihre Grenzen: Fortschritte in Technologie und Wissenschaft bedeuteten eine steigende Verschärfung der sozialen Frage, welche sich mit immer größerer Dringlichkeit stellte. Der Kapitalismus und dessen Ausbreitung in die entferntesten Regionen der Welt produzierte zugleich das Elend der Arbeiterschaft sowie den kulturellen Fortschritt.
Die Künste schienen dennoch eine neue Blütezeit zu erleben. Der bürgerliche Mensch als Ideal des Schaffenden, als Genie, war nun das zu erstrebende Ziel des Künstlers: L’art pour l’art wurde zum Diktum der bürgerlichen Kunst. Dennoch war das Künstlerdasein nach den 1820er Jahren ein krisenhaftes. Nicht nur durch die doch weiterhin bestehende Notwendigkeit, die eigene Kunst zu Markte zu tragen, sondern auch aufgrund der Schwierigkeiten des eigenen Selbstverständnisses. Gerieten Literaten und Literatinnen nach Goethes Tod 1832 in eine schwere Sinnkrise, so fand sich auch nach Beethovens Ableben 1827 die Zunft der Komponisten und Komponistinnen vor eine schwere Aufgabe gestellt. Ihr Epigonendasein wurde sowohl zum Hindernis als auch zum Motor für die künstlerische Kreativität – wollte man sich doch zumindest versuchen an Beethoven und dessen Werk als Ideal des bürgerlichen Kunstwerkes zu messen. Durch die Fetischisierung des Beethoven’schen Erbes setzte sich auch der Aberglaube durch, große Künstler würden ihre 9. Sinfonie nicht überleben, wie es u. a. bei Beethoven, Anton Bruckner und Gustav Mahler der Fall war. Stieß Mahler mit seiner späten 9. Sinfonie zumindest in Grundzügen das Tor zu Atonalität auf, so lässt sich beobachten, dass einem solchen Spätwerk eines Komponisten eine geradezu sprengende Kraft innewohnt – eine 9. Sinfonie kann zum Startschuss einer neuen Welt oder zum Abgesang auf eine alte werden.
Nach den Umwälzungen auf globaler Ebene nach dem Ersten Weltkrieg schien dies auch in der gesellschaftlichen und politischen Sphäre der Fall: Mit der Oktoberrevolution 1917 schien für das Zeitalter der befreiten Menschheit der erste Schritt getan. Nach Entbehrungen, Krisen und Bürgerkrieg in der jungen Sowjetrepublik, stabilisierte sich die Lage vorerst. Nun sollte das materielle und geistige Fundament des neuen Menschen gelegt werden. Doch mit dem Tode Lenins und der Machtübernahme Stalins stand es schwer um den Staat des „neuen Menschen“ – die stalinistische Herrschaft fand ihren traurigen Höhepunkt im Terror und den „Säuberungen“ der 1930er Jahre. Hatte die Kunst am Anfang noch eine avantgardistische und „volksbildende“ Rolle – im besten Sinne – gespielt, wurde letztere unter Stalins Parteiapparat nun zum Imperativ erhoben. „Musik für die Massen, nicht für den Geist“ war die Devise. Postwendend wurde die Kunst zum politischen Kampfplatz, der das bürgerliche Erbe – sofern es integrierbar war – in die eigene Tradition zwang, das neue und eben avantgardistische jedoch unter Kampfbegriffe wie „dekadent“ und „formalistisch“ sperrte. Demgegenüber sollte der Künstler sich dem „sozialistischen Realismus“ verpflichten und „volkstümelnd“ dem „Arbeiterstaat“ eine Stimme geben. Unter Androhung von Sanktionen und Schlimmeren wurden die Künstler zu ihrem „Dienst am Volk“ gezwungen.
In eben einer solchen Lage befand sich spätestens seit der Durchsetzung Stalins im ZK auch Dimitri Schostakowitsch (1906-1975). Als letzter Teil einer Trilogie von Sinfonien, die während des Zweiten Weltkriegs entstanden, wurde eine 9. Sinfonie Schostakowitschs in Anknüpfung an Beethoven erwartet. Er selbst äußerte sich nach der Uraufführung seiner 8. Sinfonie (1943) durchaus erwartungsgemäß: Er wollte eine Sinfonie über „die Größe des russischen Volkes und über unsere Rote Armee, die unsere Heimat von dem Feind befreit“ schreiben. Trotz anfänglicher Versuche und Überlegungen, an das Beethoven’sche Erbe anzuknüpfen, hatte seine schlussendliche 9. nichts mit einer Siegesfeier der „Sowjetmacht“ gemein. Durch ihren heiteren Charakter, ihre kurze Dauer und ihren neoklassizistischen Gestus war diese Sinfonie eine Absage an das Erbe der sinfonischen Gattung. Vor der offiziellen Uraufführung wurde sie – entgegen den eigentlichen Erwartungen – von der Zensurbehörde gebilligt, bei der Uraufführung mussten sogar die letzten drei Sätze wiederholt werden. Dennoch lässt sich die Sinfonie auch als Kontrapunkt zu Beethovens 9. verstehen.
Denn Schostakowitschs 9. ist nicht nur heiter, sondern ebenso voller Widerspruch, Bedrohung und innerem Ringen. Die führende Rolle der Holzbläser und Streicher in verspielt rhythmisierenden Gestus steht innerhalb des 1. Satzes konträr zu immer wieder einbrechendem Blech und Pauken, welche im schließenden Marsch die Oberhand gewinnen. Auch im zweiten Satz wechseln sich breite, fast sphärische legato-Melodien der Holzbläser und rhythmisch vorwärtsdrängende, in Intervallsprüngen aufsteigende Streicherpassagen ab. Das Scherzo als zentraler Satz der Sinfonie enthält wieder ein detailreiches und spielerisches Zusammenspiel aus Streichern und Holzbläsern bis eine Posaunenfanfare ein Tutti einleitet, welches zugleich eine Veränderung der sinfonischen Struktur markiert – die folgenden zwei Sätze gehen nun beinahe nahtlos ineinander über – die schroffen Brüche der ersten Hälfte sind aufgehoben. Sowohl im Largo als auch im Schlusssatz der Sinfonie steht das Fagott im Vordergrund. Jedoch könnten die beiden Sätze nicht unterschiedlicher sein: Dem Vakuum und der vom Blech provozierten Bedrohungslage, in welcher das Fagott mit Streichern im pianissimo beinahe fragend, auf jeden Fall tragisch auftritt, steht das abschließende Allegretto erneut in einem humorigen Ton. Dennoch baut sich zunehmend eine enorme Spannung auf, welche sich mit dem Einsetzen stampfender Hörner entlädt. Diese jagen unterschwellig den gesamten Orchesterapparat bis zu einem scheinbar tragischen Höhepunkt vor sich her. An den Zirkus oder ein Karussell erinnernd treten die Instrumente wieder zusammen und steigern sich wie in einem Strauss’schen Walzer in Tempo und Lautstärke. Ein plötzlich zuschlagender Schluss beendet die Komödie – der Persiflage einer Utopie wird „die Tür vor der Nase zugeschlagen“.
Der parodistische Charakter, die an Spielmanns- und Zirkusmusik erinnernden schrillen Passagen, die Instrumentierung des Orchesters sind eine Absage an den sozialistischen Realismus. Möchte man Schostakowitschs 9. Sinfonie weniger als erbaulichen Kommentar auf das Kriegsende, sondern vielmehr als Aussage zu den Lebensbedingungen im Sowjetstaat verstehen, dann als Verneinung des einst von Beethoven verkündeten menschlichen Ideals. Meinte man in der UdSSR auf dem Weg zur befreiten Menschheit zu sein, so war diese Sinfonie die dazugehörige Absage – kein Pathos, keine Apotheose, keine Utopie. Aus der Heiterkeit und dem Witz der Sinfonie spricht viel mehr das Trauernde und Beschädigte. Sie ist eine Mahnung an das nicht eingehaltene Glücksversprechen.
Hans Rädler
Sinfonie Nr. 1 e-Moll
Weite finnische Landschaften und mächtige Raumklänge – das ist es, was vielleicht die meisten mit Sibelius' Musik verbinden. Tatsächlich würde eine solche Reduktion dem Komponisten wohl nicht gerecht werden, gehört er doch laut Simon Rattle "zu den aufregendsten, originellsten Komponisten überhaupt". Jean Sibelius' Erste Symphonie ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie er die Traditionen der Romantik aufgriff und dennoch eine unverwechselbare nordische Stimme schuf.
Jean Sibelius wurde am 8. Dezember 1865 in Hämeenlinna, Finnland, geboren, zunächst mit dem Namen Johan Julius Christian Sibelius. Später “internationalisierte” er seinen Vornamen und nahm den französischen Namen Jean an. Nachdem er zunächst ein Jurastudium begonnen hatte, fokussierte er sich bald auf die Musik und studierte Komposition und Geige in Helsinki; später bewarb er sich sogar als Geiger bei den Wiener Philharmonikern, erkannte aber, dass seine Bestimmung im Komponieren lag.
An seiner ersten Symphonie arbeitete er zwischen 1898-1899, zur Uraufführung gelangte sie am 26. April 1899 in Helsinki unter Leitung des Komponisten. Danach überarbeitete Sibelius das Werk; die revidierte Fassung (die Sie heute Abend zu Gehör bekommen) wurde in Berlin am 18. Juli 1900, kurz nach dem Tod seiner dritten Tochter Kirsti, erstmalig aufgeführt. Die ursprüngliche Version gilt als verschollen. Von Anfang an war die Symphonie ein Publikumserfolg. Noch im selben Jahr wurde sie auch auf der Weltausstellung in Paris vorgetragen und damit beworben, sie trage “das Gütezeichen des rein finnischen Wesens und der nationalen Mentalität". Dabei kann man deutliche Einflüsse von Tschaikowsky erkennen - so etwa bereits mit dem bedächtigen Klarinettensolo, das sich zu Beginn des ersten Satzes über einen düsteren Paukenwirbel erhebt und an den Anfang von Tschaikowskys fünfter Symphonie, ebenfalls in e-Moll, erinnern mag.
Nach der Einleitung (Andante, ma non troppo) übernimmt im ersten Satz ein aufbrausendes Allegro energico; die mächtigen Klangwelten mögen eine Reminiszenz an brucknersche Klänge, insbesondere dessen zweite Symphonie, sein.
Der zweite Satz, Andante, beginnt mit einer ruhigen Melodie in Es-Dur, die über einem langen Pedalton schwebt. Inmitten des Satzes entwickelt sich ein gewaltiger orchestraler Sturm, der sich erst zum Ende hin wieder beruhigt und den Satz leise verklingen lässt.
Das markante und ungestüme Thema des dritten Satzes, Scherzo, wird zunächst von der Pauke vorgestellt - nur wenige Komponisten haben die Pauke so melodisch eingesetzt wie Sibelius. Ein Fugato-Teil leitet in ein von Hörnern und Holzbläsern vorgetragenes Trio über, das wiederum brucknersche Sphären beschwört. Der Satz endet abrupt in einem Stretto (italienisch für "eng", "gedrängt"), welches das anfängliche Thema wieder aufgreift.
Dem vierten und finalen Satz, Allegro, ist der Untertitel quasi una Fantasia beigefügt, der Ausdruck von Sibelius’ Interesse an einer modernen Fantaisie symphonique zwischen Symphonie und Tondichtung ist. Die Themen des Finales verweben sich kunstvoll mit denen der vorherigen Sätze und führen zu einer organischen Geschlossenheit, die so typisch für Sibelius ist.
Man sagt Sibelius nach, er habe außergewöhnlich große Ohren ("riesige Klangfänger") gehabt - jedenfalls war er dazu fähig, besondere Klangwelten zu erschaffen, die finnische Natur und europäische Romantik ineinander vereinen. Der finnische Dirigent Oslo Vänskä kommentiert: "Die erste Symphonie ist die energiegeladene Musik eines jungen Mannes. Der junge Sibelius war kein Schwächling; die Musik enthält die ganze Wildheit und Wut dieses Mannes."
Maximilian Wiesmann
Mitwirkende
Das Leipziger Universitätsorchester wurde im Oktober 2003 von Studierenden verschiedenster Fachrichtungen als »Leipziger Studentisches Orchester« gegründet. Die ersten Proben fanden Anfang November im Krochhochhaus am Augustusplatz statt. Später etablierte sich die Mensa am Campus Jahnallee als Probenort. Am 15. Januar 2004 fand das Gründungskonzert unter der Leitung von Norbert Kleinschmidt im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses statt. Mit Bartóks Rumänischen Volkstänzen, Mozarts 1. Flötenkonzert und Haydns 104. Sinfonie trat das Orchester erstmals an die Öffentlichkeit. Am 13. Februar 2004 bestätigte das Rektorat die Zusammenarbeit mit dem Klangkörper, der sich seither »Leipziger Universitätsorchester« (LUO) nennt. Bereits das folgende Konzert konnte mit 74 Mitwirkenden im Großen Saal des Gewandhauses stattfinden – nun unter der Leitung von Anna Shefelbine, die im ersten Probedirigat gewählt worden war. Durch die Anbindung an die Leipziger Universitätsmusik konnte dem Orchester entscheidende Infrastruktur ermöglicht werden. Ebenfalls im Jahr 2004 begann die dauerhafte finanzielle Unterstützung durch den StudentInnenrat der Universität. Zudem nahm schon damals die enge und vielgestaltige Kooperation mit dem MDR-Sinfonieorchester ihren Anfang, dessen Mitglieder als Dozierende bis heute die Stimmproben leiten.
Das Aushängeschild des Leipziger Universitätsorchesters war und ist seine konsequent durchgeführte demokratische Selbstverwaltung. Jedes einzelne Orchestermitglied hat auf allen organisatorischen Ebenen ein Mitspracherecht und kann persönliche Ideen und Meinungen einbringen. Grundsätzliche Entscheidungen werden von der Vollversammlung aller Mitglieder getroffen. Orchestervorstand, Dirigent*in und musikalisches Programm werden vom Plenum gewählt und bestätigt. Ebenso entscheidet das Orchester in Probespielen demokratisch über die Aufnahme neuer Mitglieder. Diese ist immatrikulierten Studierenden vorbehalten – die daraus resultierende Fluktuation sorgt beständig für neue Impulse und garantiert Offenheit und Teilnahmemöglichkeiten.
Die Freude am gemeinsamen Musizieren und steter Ehrgeiz und Mut haben das Orchester sicher durch zwei Jahrzehnte geführt. Zu den Höhepunkten der Orchestergeschichte zählen Konzertreisen nach Italien, Brüssel/Lille, in die Niederlande und nach Löwen, Kooperationskonzerte mit dem MDR-Sinfonieorchester und -Kinderchor sowie der HR-Bigband und die Entstehung von zwei Dokumentarfilmen. Beständig wurde neues Repertoire erschlossen, so u. a. Sinfonien von Dvořák, Mahler, Brahms, Sibelius, Schostakowitsch, Prokofiev, Elgar, Tschaikowsky, Nielsen, Borodin, Berlioz und Beethoven, daneben zahlreiche Solokonzerte, Tondichtungen und Ouvertüren, aber auch Chorwerke wie Brittens War Requiem oder Mendelssohns Die erste Walpurgisnacht.
In der Nachfolge von Juri Lebedev, Kiril Stankow, Raphael Haeger und Frédéric Tschumi liegt die musikalische Leitung seit 2019 in den Händen von Ilya Ram, der mit den Jubiläumskonzerten seinen Abschied feiert. Nach der Pandemiezeit startete das LUO mit gewohntem Optimismus neu. Schon im Sommer 2022 wurde beim European Student Orchestra Festival in Toulouse ein musikalisches Zeichen gesetzt und der Orchestergeist neu entfacht. Mit der Gewandhaus-Erstaufführung der e-Moll-Sinfonie von Amy Beach, Bruckners Siebter und Saint-Saëns’ »Orgelsinfonie« wagte sich das Orchester auch seither an ambitionierte Literatur. Die Gründung eines Projektchores zur Aufführung der Sea Symphony von Ralph Vaughan Williams darf für die ungebrochene Motivation und Organisationsleidenschaft des Orchesters stehen.
Zum aktuellen Semesterkonzert zählt das LUO 88 Mitspielende. Seit der Eröffnung der Aula und Universitätskirche Paulinum finden die Proben dort statt, im Wechsel mit dem vom MDR großzügig zur Verfügung gestellten Orchesterprobensaal. Eine studentische Hilfskraft in der Universitätsmusik, wichtige Sponsoren und ein Förderverein unterstützen die komplett ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder.
Neben den regulären Semesterkonzerten gestaltet das Orchester jedes Semester ein Schulkonzert, einen Kammermusikabend sowie das Format »Auftakt« mit kleineren sinfonischen Werken. Selbstverständlich steht der gesellige Aspekt gleichfalls im Fokus, sei es beim Zusammensein nach Proben oder auf dem Probenwochenende, beim Running Dinner oder in den andauernden Freundschaften, die unter den Orchestermitgliedern entstehen. In ihnen leben die ersten 20 Jahre LUO vielerorts fort.
Niklas Schächner
Daniel Seonggeun Kim
Der Dirigent Daniel Seonggeun Kim ist der 1. Preisträger des 12. Dirigierwettbewerbs der mittdeutschen Musikhochschulen und seit April 2024 neuer Chefdirigent des Leipziger Universitätsorchesters. Er begann im April 2018 sein Bachelorstudium im Fach Orchesterdirigieren an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, das er im Frühjahr 2022 mit Auszeichnung abschloss, und studiert derzeit im Konzertexamen an derselben Hochschule bei Prof. Nicolás Pasquet und Prof. Ekhart Wycik.
Im Rahmen seiner Ausbildung arbeitete er mit zahlreichen professionellen Orchestern wie dem MDR Sinfonieorchester, der Jenaer Philharmonie, der Staatskapelle Weimar, der Thüringen Philharmonie Gotha Eisenach, der Anhaltischen Philharmonie Dessau, dem Sinfonieorchester Karlovy Vary und der Philharmonie Hradec Králové.
Unter anderem assistierte Daniel Kim dem Generalmusikdirektor Markus L. Frank bei Alexander Zemlinskys Oper "Der König Kandaules" am Anhaltischen
Theater Dessau. In der Spielzeit 23/24 assistierte er dem Chefdirigenten Domink Beykirch bei der Neuproduktion "Capuleti e i Montecchi" am Deutschen Nationaltheater Weimar.
Von Herbst 2019 bis Frühjahr 2023 war er künstlerischer Leiter des Collegium Musicum Weimar, dem offiziellen Hochschulensemble der HfM Weimar, mit dem er ein vielfältiges sinfonisches Repertoire zum Klingen bringt. Darüber hinaus leitete er mehrfach als Gastdirigent das Akademische Orchester Erfurt. Seit 2023 ist er Stipendiat im Forum Dirigieren des Deutschen Musikrates.
Besetzung
Violine 1
Antonia Andrae
Anna-Clara Bachmann
Anne-Sophie Bruchmüller
Anne Clasen (Konzertmeisterin)
Susanne de Boor
Helen Djalali
Marius Drobisz
Jakob Härtel
Annika Helms
Charlotte Herold
Jonathan Jopp
Marie-Luise Kruopis
Daniel Negreanu
Alina Petersen
Anna Roth
Clara-Josephine Staemmler
Anne Sophie Timm
Violine 2
Agnes Berbée
Katharina Domsgen
Apolline Durringer
Anna Jung
Leora Koch
Knut Nierhaus
Olivia Normann
Sina Pletsch
Yuanshu Pu
Magdalena Rambau
Jolande Reschberger
Sabeth Rückbrodt
Caroline Schweiker
Golda Weigand
Merle Welten
Viola
Wieland Bicher
Edna Brox
Lea Fucks
Johanna Fremerey
Victoria Gehne
Charlotte Henke
Katharina Josy
Helena Morgner
Friederike Müller
Johanna Spitzer
Merrit Kaufer
Violoncello
Berenike Beckhaus
Paula Eschenburg
Frederik Falk
Jan Arne Friedrich
Klara Funfack
Clara Jung
Friederike Kollmar
Richard Schmidt
Marie Luise Stephan
Philipp Heise
Nadja Unger
Juliane Wiedersberg
Kontrabass
Irina Andernach Aguilera
Julia Heni
Marieke Kind
Franziska Rettig
Leonhard Weiss
Friedrich Pagenkopf
Flöte
Lotta Timmermann
Pauline Klein
Daniel Charif
Oboe
Johanna Schittenhelm
Charlotte Seltenreich
Leonore Szalai
Klarinette
Till Friedrich Faulhaber
Pepijn Hulsbergen
Angelika Vaihinger
Fagott
Miriam Al-Ali
Felix Förster
Sophia Weißer
Horn
Katharina Dinter
Jakob Grünthaler
Niklas Schächner
Andreas Wagner
Trompete
Erik Fischer
Marleen Groetsch
Jonathan Horn
Posaune
Friedrich Jopp
Maximilian Wiesmann
Samuel Michel
Tuba
Phillip Uta
Pauke/Schlagwerk
Kaja Hahnheiser
Jakob Riedl
Anton Flade
Harfe
Babett Niclas
Wir danken unseren Unterstützer_innen:
Studentenwerk Leipzig
StuRa der Universität Leipzig
Sinfonieorchester des Mitteldeutschen Rundfunks
Förderverein des LUO
Leipziger Universitätsmusik
Sächsischer Musikrat
Impressum
Herausgeber: Leipziger Universitätsorchester
Texte: siehe oben
Layout, Satz: Martin Köhler
*Das Leipziger Universitätsorchester übernimmt keine Verantwortung für jegliche Werbe-
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